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Wenn die Erbanlagen die Fettverbrennung mindern

„Ich kann nichts dafür, dass ich dick bin, das ist Veranlagung.“ Wenn Übergewichtige sich mit einem solchen Satz zu rechtfertigen versuchen, stößt dies bei ihren durchschnittsgewichtigen Mitmenschen meist auf Unverständnis. Was gern klingt wie ein Versuch, sich aus der Eigenverantwortung zu stehlen, ist aber gar nicht so falsch.

„Ich kann nichts dafür, dass ich dick bin, das ist Veranlagung.“ Wenn Übergewichtige sich mit einem solchen Satz zu rechtfertigen versuchen, stößt dies bei ihren durchschnittsgewichtigen Mitmenschen meist auf Unverständnis. Was gern klingt wie ein Versuch, sich aus der Eigenverantwortung zu stehlen, ist in manchen Fällen aber gar nicht so falsch.
Mutter mut Salatteller in der Hand neben ihrem Sohn, der einen Burger isst
Ernährung ist nicht alles – auch die Gene spielen eine Rolle

Die Macht unserer Gene

Betrachtet man völlig unvoreingenommen unsere Wohlstandsgesellschaft, fällt auf, dass übergewichtige Eltern zumeist dicke Kinder heranziehen. Nun könnte man davon ausgehen, dass vor allem die Umweltbedingungen wie beispielsweise ungesunde Ernährungsgewohnheiten oder der gemeinsame sozioökonomische Status als Hauptgrund für adipöse Familien anzusehen sind.

Diverse Adoptivstudien zeichnen jedoch ein anderes Bild. Da adoptierte Kinder ein anderes familiäres Umfeld erleben als ihre biologischen Eltern, kann man alle gewichtsbezüglichen Ähnlichkeiten auf die Gene zurückführen. Gleich zwei solcher Adipositas-Studien mit adoptierten Kindern, bei denen sowohl Informationen über die Adoptiveltern als auch über die biologischen Eltern vorlagen, zeigten übereinstimmend einen deutlichen Einfluss der leiblichen Eltern auf das körperliche Volumen ihrer Kinder.

Dabei wurde zugleich ein besonders hoher Effekt der mütterlichen Adipositas auf den Nachwuchs nachgewiesen. Der Wert des Body-Mass-Index (BMI) der Eltern wird demnach genetisch an die Nachkommen weitergereicht, die Lebensumwelt hat einen weitaus geringeren Einfluss auf das Übergewicht, als wir annehmen möchten. Dementsprechend prägt die Adoptivmutter ihre Kinder recht schwach und auch nur, solange sie bei ihr leben. Eine große Zahl umfangreich durchgeführter Studien an Zwillingen zur Vererbbarkeit der Adipositas bestätigten diese Ergebnisse. Es gilt demnach als erwiesen, dass unsere Gene bei der Entstehung von Übergewicht eine größere Rolle spielen als das familiäre Umfeld, in dem wir leben.

Der Einfluss der Gene auf unser Gewicht wird heute auf rund 60% beziffert. Doch auch wer eine genetische Veranlagung zum Übergewicht in sich trägt, kann ein Leben im normalgewichtigen Bereich führen. Hierzu ist lediglich ein gesteigerter Aufwand von Nöten.

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Der Einfluss der Ernährung auf die genetischen Anlagen

Das unter Forschern favorisierte Modell sieht die stetig wachsende Zahl übergewichtiger Menschen als ein Ergebnis ungünstiger Umweltbedingungenan, wie das Überangebot an schmackhaften wie fettreichen Lebensmitteln in den Industrienationen gepaart mit einem Mangel an Bewegung, die auf genetisch vorbelastete Individuen einwirken. Demnach müssen Kinder übergewichtiger Eltern nicht zwangsläufig dick werden. Die Erbanlagen ebnen lediglich den Weg für die Übergewichtigkeit. Der genetische Aspekt zeigt sich beispielsweise in einem gesteigerten Hungergefühl bei Kleinkindern, die dementsprechend häufiger nach Nahrung verlangen. Werden sie deshalb öfter und im negativsten Fall mit fettreicher Kost gefüttert, gipfelt dies schnell in ausuferndem Übergewicht. Zeitgleich mit einem erhöhten Hungergefühl geht die Forschung heute von einem verminderten Energieverbrauch bei Menschen mit genetisch vererbter Fettleibigkeit aus. Demnach gibt es tatsächlich Menschen, die schneller zu- und langsamer abnehmen als andere. Überwichtige Eltern sind also besonders gefragt, ihrem Nachwuchs einen maßvollen Umgang mit Nahrungsmitteln sowie einen bewegungsreichen Alltag zu vermitteln. Denn wer lernt, dass Schokolade tröstet, Chips und Fernsehen eine Belohnung sind und jede noch so große Portion aufgegessen werden muss, verliert das natürliche Gefühl für die Ernährung. Im Erwachsenenalter ruft dann nicht nur der Hunger, sondern auch Ärger, Stress und Trauer das Signal zur Nahrungsaufnahme hervor.

Das evolutionäre Genschnippchen

Die Veränderung der menschlichen Lebensumwelt wird von Forschern zur Erklärung der „Adipositasepidemie“ herangezogen. Auch hier kommen wieder unsere Gene ins Spiel: Da im größten Teil der menschlichen Geschichte jegliche Nahrungsreserven knapp waren, wurden im Laufe der Evolution solche Genvariationen begünstigt, die eine effektive Speicherung von Energie in Fettdepots erlaubten. Das war vor allem für Frauen wichtig (welche bis heute über größere Fettspeicher verfügen als die männlichen Artgenossen), da diese auch in Hungerperioden in der Lage sein mussten, Kinder zu stillen. Diese Kalorienspeicherfähigkeit erhöhte also die Fortpflanzungs- und Überlebenschancen, wenn die Nahrung knapp wurde, weshalb sich die entsprechenden Genvarianten durchsetzten. Zum Problem wird der einstige Vorteil erst, seitdem Energie in Form von Nahrung im Überfluss und jederzeit zur Verfügung steht, während sich die körperliche Aktivität der Menschheit drastisch reduziert hat. An diese neuen Verhältnisse kann sich der menschliche Körper nicht so schnell anpassen. Was damals gut war, wird heute zum Problem. So ist mittlerweile bereits jeder dritte Bundesbürger (laut der Deutschen Adipositas Gesellschaft) deutlich übergewichtig. Und wenn wir auch an unseren Genen nichts ändern können, sollten wir unbedingt unsere Ernährungsweisen überdenken und in jeder Hinsicht dringend wieder bewusster essen!

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Iris Eggimann

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